Hofübergabe: Auf die Leistungsklauseln achten
Die Gestaltung des Hofübergabevertrages ist für alle Beteiligten eine wichtige Aufgabe. Sie ist eben nicht nur reine Formsache, die beim Notar besiegelt wird, sondern sie wirkt in die Zukunft und muss sich auch dort bewähren. Das kann vor allem in Krisenzeiten dazu führen, dass sich manch einer ärgert, sich bei der Vertragsgestaltung nicht umfassender gekümmert zu haben. Folge sind Familien- und Generationskonflikte, jedoch auch Existenzgefährdungen auf beiden Seiten: Die Fortführung des Betriebes kann in Frage stehen, aber auch die Altersversorgung der Altenteiler. Deshalb soll im Folgenden auf die Tücken bei wichtigen Klauseln hingewiesen werden. Wozu können bestimmte Formulierungen führen bzw. wie können Familien nachbessern?
Viel diskutiert ist seit eh und je die Pflegeklausel. Eine allumfängliche Verpflichtung zur Hege und Pflege in gesunden und kranken Tagen kann die Existenz des Betriebes im Ernstfall sehr bedrohen, da sich weder die Altenteiler noch die Geschwister noch öffentliche Sozialträger an der Finanzierung der Pflege beteiligen müssen, solange noch Betriebsvermögen bzw. Einkommen des Übernehmers oder der Übernehmerin verwertbar ist. Das ist mittlerweile hinreichend bekannt. Dennoch kommen solche Klauseln in der Praxis immer wieder vor, da oftmals die weichenden Erben ihre Unterschrift unter den Vertrag davon abhängig machen. Bei sehr großen, finanziell stabilen Betrieben, bei denen die weichenden Erben weder nennenswertes Hofesvermögen noch Privatvermögen bekommen, mag das vertretbar sein. In den meisten Fällen sollte hier aber über sinnvolle Alternativen nachgedacht werden. Jedoch können auch eingeschränkte Pflegeklauseln ihre „Haken“ haben, beispielsweise wenn der Hofübernehmer seine Geschwister im Innenverhältnis von Zuzahlungen befreit. Dann können diese sich, falls sie vom Sozialamt zur Zuzahlung verpflichtet werden, das Geld vom Hof wiederholen.
Neben der finanziellen Überforderung können manche Klauseln aber auch zu einer möglichen psychischen und physischen Überlastung führen. Diese Gefahr besteht beispielsweise besonders, wenn im Vertrag ausdrücklich auf persönliche Pflege des Übernehmers oder seiner Familie bestanden wird.
Ebenfalls kritisch sind Rückübertragungsklauseln zu werten. Sie können besagen, dass der Hof zurück an die Eltern geht, sofern der Übernehmer kinderlos verstirbt, keine wirtschaftsfähigen Nachkommen hinterlässt oder aber auch wenn er den Besitz belastet. Das erstgenannte Beispiel bedeutet, dass die Familie des Nachfolgers komplett leer ausgeht, wenn der Vater bzw. Ehemann vor seinen Eltern verstirbt – egal ob bereits ein Enkelkind der Altenteiler ausgebildeter Landwirt ist oder die Schwiegertochter seit Jahren im Betrieb arbeitet. Die Eltern des Verstorbenen erhalten den Hof sogar dann zurück, wenn sie selbst zu dem Zeitpunkt sehr alt sind oder unter Betreuung stehen.
Die Rückübertragungsverpflichtung im Falle einer Belastung des Betriebes (Grundbucheintragung) kann gerade in finanziellen Krisenzeiten das Aus für die bewirtschaftende Generation bedeuten. Bei Banken läuten bei derartigen Klauseln mit entsprechender Auflassung im Grundbuch die Alarmglocken. Wenn der Altenteiler nicht zustimmt, ist keine Betriebsentwicklung, aber eben auch keine Umschuldung oder neue Darlehensaufnahme möglich. Hohe Grundbucheintragungen zur Absicherung der Altenteilsverpflichtungen haben in der Praxis einen ähnlichen lähmenden Effekt – allerdings ohne Rückforderungsmöglichkeit der Altenteiler.
Die Altenteilszahlungen sind insgesamt immer wieder Anlass für Konflikte, insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Dem Baraltenteil kommt hierbei eine Schlüsselstellung zu. Vergleichsweise hohe Verpflichtungen mit automatischen Anpassungsklauseln können beim Übernehmer zur Überforderung führen, wenn die Erlöse diese Summen nicht hergeben. Die Gefahr besteht zudem darin, dass die steuerliche Aberkennung des gesamten Vertrages droht, wenn die Gelder nicht wie vereinbart fließen. Auf der anderen Seite ist die Versorgung der Altenteiler bedroht, wenn sie außer der Rente von der landwirtschaftlichen Alterskasse keine weiteren eigenen Versorgungsquellen nutzen können.
Neben dem Hofübergabevertrag gibt es weitere Vertragsklauseln, die im Ernstfall die Existenz des Betriebes gefährden können. Viele landwirtschaftliche Familien haben zusätzlich zum eigenen Einzelbetrieb Beteiligungen an anderen Unternehmen oder ihren Betrieb in eine Gesellschaft mit Berufskollegen eingebracht. In diesen Verträgen fehlen meistens Klauseln für den Vorsorge- oder Todesfall. Tritt einer dieser Fälle ein, ist ein gerichtlich bestellter Betreuer (zum Beispiel wenn der Landwirt im Koma liegt) oder eine Erbengemeinschaft (bei Tod und fehlender sinnvoller testamentarischer Verfügung) anstelle des Unternehmers Teil in der Gesellschaft. Das ist selten im Sinne der Beteiligten.
Sinnvolle Alternativen
Beim Verfassen des Hofübergabevertrages kann keiner vorhersehen, wie sich die getroffenen Vereinbarungen in Zukunft auswirken werden. Das macht die Aufgabe zu einer echten Herausforderung! Aber einige mögliche Auswirkungen lassen sich vorweg bewerten, wenn sie alle Beteiligten die Zeit nehmen, die möglichen Vor- und Nachteile im Vorfeld näher zu betrachten und gegebenenfalls mit erfahrenen Experten diskutieren.
Grundsätzlich sinnvoll sind offene vorbereitende Gespräche mit der gesamten Familie. Dabei kann zum Beispiel erörtert werden, ob es nicht statt der allumfassenden Pflegeverpflichtung andere Formen der Vorsorge für den Pflegefall gibt, die alle mittragen können. Vielleicht stimmen die Geschwister einer abgespeckteren Variante zu, wenn sie stattdessen einen höheren Anteil am außerlandwirtschaftlichen Vermögen erhalten oder sicher sein können, dass die Eltern auch mit einer dann einzustellenden Hilfskraft gut versorgt sein werden. Oftmals hilft es sehr, wenn der Hofübernehmer bzw. die Hofübernehmerin darstellt, wie die unbaren Altenteilsleistungen, u. a. Wasser, Strom, Heizung, monetär zu bewerten sind. Oder die Nachfolger beschreiben, was es für sie bedeutet, wenn sich um die Versorgung der Eltern zu kümmern, auch ohne alle Kosten allein dafür zu tragen.
Rückübertragungsklauseln machen nur in sehr wenigen Ausnahmefällen überhaupt Sinn. Eine Betriebsübergabe ist ein Akt des Vertrauens. Wer dieses Vertrauen an die nachfolgende Generation nicht hat, dass sie den Betrieb nach bestem Wissen und Gewissen so gut wie möglich weiterführen wird, der sollte von der Eigentumsübertragung Abstand nehmen. In sehr begründeten und gut abgewogenen Einzelfällen sollte dann zumindest über eine zeitliche Befristung der Rückübertragungsklausel nachgedacht werden, damit die nachfolgende Generation jedenfalls in dieser Hinsicht Planungssicherheit hat.
Gesellschaftsverträge sollten stets eine klare Regelung enthalten, wer die Vertretung im Vorsorgefall beziehungsweise die Nachfolge übernimmt.
Wie hoch ist ein angemessenes Baraltenteil?
Wenn die abgebende Generation keine weitere Versorgung aufgebaut hat als Alterskasse und Baraltenteil, um einigermaßen über die Runden zu kommen, ist es nahezu unmöglich, in schwierigen Zeiten über Anpassungen nach unten nachzudenken. Zwar gibt es durchaus Altenteiler, die zur Aufstockung Grundsicherungsleistungen erhalten, aber das kann nicht Sinn eines Lebens voller Arbeit für den Hof sein. Daher ist es sehr verantwortungsvoll, sich der Frage nach dem ausreichenden Alterseinkommen bereits zur aktiven Unternehmerzeit zu stellen. Dann lassen sich noch Weichen stellen, um flexibel je nach Einkommenssituation zusätzliche Vorsorge zu betreiben. Diese ausschließlich über den Betrieb zu sehen, ist zwar besonders in Zeiten niedrigen Guthabenzinsen verständlich, führt aber im Alter zu einer hohen finanziellen Abhängigkeit vom Nachfolger. Alternativen können außerlandwirtschaftliche Investments wie in Mietobjekte, gewerbliche Beteiligungen oder dergleichen sein. Das Argument „ein Bauer nimmt kein Geld aus den Betrieb“ zählt nicht, denn der Nachfolger muss die Baraltenteilsleistungen auch aus dem Betrieb finanzieren – und zwar eins zu eins, ohne die Chance auf Zins- und Zinseszinseffekt.
Bei der Ermittlung einer bedarfsgerechten, aber auch finanzierbaren Altenteilsleistung ist es hilfreich und unumgänglich, einige Monate konkrete Aufzeichnungen über die privaten Ausgaben zu machen und diese auf die Zeit nach der Hofübergabe hochzurechnen. Denken Sie daran, dass sie dann mehr Zeit haben Geld auszugeben. Sie werden Dinge tun wollen, die sie sich als aktiver Landwirt für später aufgehoben haben wie Reisen, Hobbys und ähnliches. Auf der anderen Seite steht die Ermittlung des aus dem Betrieb tragbaren Altenteils. Hierbei sollte der Übernehmer nicht nur die aktuelle Gewinnsituation zugrunde legen, sondern mehrere Jahre betrachten und nicht vergessen, dass auch er Rücklagen für Nettoinvestitionen, Darlehnsrückzahlungen, Abfindungen und eigene Altersvorsorge benötigt. Patentrezepte für die „richtige“ Altenteilshöhe sind zwar sehr gefragt, aber nicht verfügbar. Sie würden auch keinen Sinn machen, da jede Familie andere Ausgangsvoraussetzungen hat. Hier sind individuelle Lösungen gefragt.
Besser als automatische Anpassungsklauseln bei der Baraltenteilshöhe sind solche, die es beiden Seiten ermöglichen, bei großer Änderung des Bedarfs bzw. der Leistungsfähigkeit eine Neuanpassung vorzunehmen.
Prüfen und nachbessern
Grundsätzlich sollte jeder einen Vertrag erst gründlich prüfen (lassen) und abwägen, bevor er oder sie einen Vertrag unterzeichnet. Das gilt umso mehr bei so weitreichenden Verträgen wie dem Hofübergabevertrag. Es ist unbedingt zu empfehlen, sich vorher eine fachkundige, unabhängige Zweit- oder Drittmeinung einzuholen, denn vorbeugen ist immer besser als heilen.
Auch nach einigen Jahren sind noch Nachbesserungen möglich, vorausgesetzt alle Beteiligten sind noch in der Lage und bereit, die Änderungen wieder zu unterzeichnen.
Und wenn es nicht möglich ist, diese Einigung zu erzielen, dann sollte man die Konsequenzen ziehen. Dazu kann es auch gehören, das bisherige Betriebskonzept auf den Prüfstand zu stellen. Wer durch Rückübertragungsklauseln belastet ist, sollte die Familie anderweitig finanziell gut absichern. Ein Testament reicht dafür nicht aus! Geeignete Mittel sind Risikoabsicherung und Vermögensaufbau außerhalb des Betriebes. Damit fließt Geld aus dem Betrieb, wodurch die Basis für eine Sicherung hoher Altenteilsleistungen gefährdet wird. Aber besonders in diesen Fällen muss die Familie Vorrang vor dem Betrieb haben.
Kontakte
Anne Dirksen
Leiterin Fachbereich Familie und Betrieb, Landfrauenarbeit, Sozioökonomie, zertifizierte Mediatorin
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