Landessortenversuche 2022: Sommer-Futtergerste
Bei der Futtergerste zeigten sich einige neuere Sorten als ertragsstark. Sollten sie ihre Leistungen in den kommenden Prüfungen bestätigen, bieten sich neben RGT Planet weitere Alternativen an. Wie der Hafer ist die Sommergerste ebenfalls eine Möglichkeit, enge Fruchtfolgen sinnvoll zu erweitern.
Mit etwa 62 dt/ha lagen die vom Landesamt für Statistik (LSN) geschätzten durchschnittlichen Erträge der Sommergerste auf überraschend hohem Niveau. Dies ist zum Einen auf die mit Beregnung unterstützten Braugerstenflächen, zum Anderen auch auf den gestiegenen Anbau an den ausreichend bis gut mit Wasser versorgten Marschstandorten zurückzuführen. Auch auf den Versuchsstandorten konnten überraschend gute Erträge erzielt werden, weil dort vielfach die Niederschlagsverteilung in der Vegetationszeit relativ günstig ausfiel.
Die Prüfung von Sommergerste und Hafer auf dem Marschstandort Otterham (LK AUR) wurde auch 2022 fortgeführt, um der zunehmenden Anbaubedeutung von Sommergetreide neben dem Sommerweizen in der Marsch Rechnung zu tragen. Mit einem Ertrag von 105 dt/ha konnten sowohl die Sommergerste als auch der Hafer das Sommerweizenergebnis um ca. 15 dt/ha überbieten. Die drei weiteren niedersächsischen Standorte Holtorfsloh (LK WL), Wehnen (LK WST) und Werlte (LK EL) erreichten Erträge zwischen 70 und 77 dt/ha.
Im Landessortenversuch (LSV) Futtergerste wurden insgesamt sechs Sorten geprüft. Neben der jahrelang empfohlenen Sorte RGT Planet standen mit Applaus eine dreijährig und mit Kimberly, LG Belcanto und der Braugerstensorte Lexy drei zweijährig geprüfte Sorten an den Versuchsstandorten. LG Rumba wurde im Dezember 2021 vom Bundessortenamt (BSA) zugelassen und dank ihrer hohen Ertragseinstufungen als Futtergerste in die Prüfungen aufgenommen.
Der Futtergerstenanbau konzentriert sich auf die leichteren Standorte Nordwestdeutschlands. Insgesamt konnten für diese Anbauregion „Sandige Standorte Nordwest/Marsch“ acht Versuche der drei Bundesländer Nordrhein-Westfalen (2), Schleswig-Holstein (2) und Niedersachsen (4, s. o.) für die Auswertung genutzt werden. Mit 81,4 dt/ha wurde im Mittel der acht Standorte ein Spitzenertrag erzielt, der die Vorjahreserträge im Zeitraum 2019 bis 2021 deutlich überstieg. Mit Erträgen von 70 bis 77 dt/ha lagen die drei niedersächsischen Sandstandortorte erwartungsgemäß etwas darunter, aber höher als 2021. Insbesondere die hohen Erträge in der Marsch belegen, dass die Einbindung von Sommergerste in Wintergetreide-lastige Fruchtfolgen durchaus sinnvoll sein kann, zumal der N-Düngebedarf deutlich unter dem von Winterweizen oder Wintergerste liegt.
Ergebnisse der Sorten
Da 2021 und 2022 neue ertragreiche Sorten in den LSV aufgenommen wurden, fallen die Erträge der etablierten Sorten zwangsläufig in den Relativzahlen zurück, weil diese auf Basis der gesamten Prüfsorten berechnet werden.
Von daher zeigte RGT Planet wieder ihr erwartbares konstant hohes Ertragsniveau, allerdings erreichte sie in den Relativzahlen nur noch ein durchschnittliches Ergebnis mit rel. 100, mehrjährig verrechnet rel. 98,6. Die sehr gute Ertragskonstanz auf den Einzelstandorten bestätigte sie auch in diesem Prüfjahr. Da sie neben ihrer Ertragsstärke auch durch ihre Robustheit gegenüber Krankheiten, ihre mittleren bis guten Einstufungen gegenüber Lagerneigung sowie Halm- und Ährenknicken überzeugte, zählt sie nach wie zu den klar empfohlenen Sorten.
Die Sorte Applaus lieferte in ihrem Einstiegsjahr 2020 ihre besten Leistungen und konnte diese in den beiden Folgejahren nicht ganz bestätigen. Im Vergleich zu RGT Planet waren die Einzelortergebnisse etwas schwankender. Mehrjährig betrachtet liegt sie auf vergleichbarem Niveau zu RGT Planet, wird wegen der schwankenden Erträge allerdings nur noch eingeschränkt empfohlen. In den Merkmalen Standfestigkeit, Halmstabilität und in der Robustheit gegenüber Krankheiten wird sie eher durchschnittlich beurteilt; gegenüber Rhynchosporium zeigt sie Schwächen.
Die zweijährig geprüfte Sorte Kimberly erreichte 2022 mit rel. 97 das schwächste Ergebnis und profitiert in den mehrjährigen Zahlen von den sehr guten Ergebnissen aus 2021. Insbesondere auf den leichteren niedersächsischen Standorten konnte sie aktuell nicht überzeugen. In den agronomischen Merkmalen wie Stand- und Halmfestigkeit und Robustheit gegenüber Krankheiten ist sie durchweg positiv eingestuft. Aufgrund der schwankenden Ertragsleistungen wird sie jedoch nur eingeschränkt empfohlen.
LG Belcanto überzeugte ertraglich auch im zweiten Prüfjahr und wird daher als ertragsstarke Sorte klar empfohlen. Darüber hinaus erwies sie sich in den Prüfungen als standfest, halmstabil und robust gegenüber Krankheiten.
Die in erster Linie für den Braugerstenanbau eingesetzte zweijährig geprüfte Sorte Lexy schnitt 2022 im Futtergerstensortiment leicht unterdurchschnittlich ab und konnte auch unter Einbeziehung der Vorprüfungs- und Vorjahresergebnisse nicht ganz an die Leistungen von LG Belcanto, Kimberly oder RGT Planet anschließen. Wie die beiden vorgenannten Sorten konnte auch Lexy in den agronomischen Eigenschaften überzeugen. Für den Braugerstenanbau zählt sie in Niedersachsen zu den klar empfohlenen Sorten, gleichrangig zu der Sorte Amidala.
LG Rumba wurde vom BSA als ertragsbetonte Futtergerstensorte zugelassen und konnte diese Einstufung durch sehr gute Erträge im ersten LSV-Jahr bestätigen. Die standfeste und halmstabile Sorte erwies sich gegenüber Krankheiten wie Mehltau und Zwergrost als robust, gegenüber Rhynchosporium, Netzflecken und Ramularia wurde sie durchschnittlich eingestuft. Sie bietet sich für den Probeanbau an.
Qualitäten
Sommerfuttergerste wird vorrangig im eigenen Betrieb direkt verwertet und nur in geringerem Maße gehandelt. Die Parameter Ertrag, Standfestigkeit, Halmstabilität und Pflanzengesundheit sind generell für die Sortenwahl entscheidend. Bei der Vermarktung hingegen sollten auch die Qualitätskriterien mitberücksichtigt werden. Hierbei ist vor allem das Hektolitergewicht (hl-Gewicht) maßgebend, welches mindestens 62 kg/hl betragen sollte. Bei ausreichendem Angebot ist teilweise aber bereits bei Werten unterhalb von 64 kg/hl mit Abschlägen zu rechnen.
Die Sorten erzielten im Mittel mit 65,6 kg/hl ein gutes Ergebnis, knapp auf dem Niveau des weniger durch Trockenheit beeinflussten Jahres 2020. Damit konnte das hl-Gewicht gegenüber dem Vorjahr, wo Trockenheit und sehr hohe Temperaturen die Kornentwicklung beeinträchtigt haben, deutlich verbessert werden. Die Unterschiede zwischen den Standorten waren mit einer Bandbreite von 60 bis 69 kg/hl aber auch 2022 wieder sehr ausgeprägt. Der ertragsstärkste Marschstandort Otterham erreichte in diesem Jahr mit Abstand den höchsten Wert von 69 kg/hl. Dadurch ist sicherlich auch die gute Ertragsleistung dort erklärbar. Hingegen wurden auf den drei leichteren niedersächsischen Standorten hl-Gewichte von 59,7 bis 64,5 kg/hl erzielt.
LG Belcanto und RGT Planet erreichten mit 66,1 bzw. 66,0 kg/hl die höchsten hl-Gewichte. Die übrigen Sorten differenzierten mit Werten zwischen 64,8 und 65,6 nur geringfügig. Da die geprüften Futtergerstensorten für die Zulassung zur Braugerstennutzung beim Bundessortenamt angemeldet werden, sind sie auf geringe RP-Gehalte gezüchtet worden und werden damit in der Einstufung Rohproteingehalt entsprechend sehr schwach eingestuft. Mit 10,5 % RP-Gehalt liegen die Ergebnisse im Mittel aller Standorte auf einem mittleren Niveau, die Werte der niedersächsischen Standorte schwanken von 10,5 bis 11,4 %. Sortenunterschiede waren bei den RP-Gehalten in diesem Jahr nicht auszumachen.
Ausblick
RGT Planet zählt aufgrund ihrer sehr hohen Ertragskonstanz nach wie vor zu den empfehlenswerten Sorten für die Futtergerstennutzung. Sollten sich jedoch die guten Ergebnisse der zweijährig geprüften Sorte LG Belcanto und der neuen Sorte LG Rumba in den Folgejahren bestätigen, könnten diese Sorten die jahrelange Dominanz von RGT Planet beenden.
Inwiefern die im Dezember 2022 vom Bundessortenamt zugelassenen Sommergerstensorten, die alle in erster Linie für die Braugerstennutzung geplant sind, möglicherweise aufgrund ihrer Ertragsleistung auch für die Futternutzung interessant sein könnten, wird sich herausstellen.
Wie sich auch im vergangenen Jahr gezeigt hat, bietet sich Sommergerste, wie auch Hafer, aus ertraglicher Sicht durchaus für eine geplante Fruchtfolgeerweiterung in den Marschregionen an. Insbesondere dann, wenn es dadurch gelingt, andere pflanzenbauliche Probleme, wie beispielsweise die Unkrautbekämpfung, einfacher in den Griff zu bekommen.
Da die Vermarktungsaussichten im Bereich Braugerste derzeit als sehr positiv eingeschätzt werden, könnte es für diese Verwertungsrichtung durchaus zu einer Anbauausweitung kommen, vorausgesetzt es stehen für den Anbau von Sommerungen noch ausreichend Flächen zur Verfügung.
Wie der Umfang der Sommergerstenfläche in diesem Frühjahr letztlich ausfällt, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden, wenn klar ist, ob Auswinterungsschäden durch Neuansaaten ausgeglichen werden müssen. Hierfür spielt die Sommerfuttergerste neben dem Hafer sicherlich eine wichtige Rolle, zumal sie tendenziell ein recht breites Aussaatzeitfenster toleriert.
Kontakte
Carsten Rieckmann
Leiter Sachgebiet Mähdruschfrüchte

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